Choralphabet
Kantorianer
„Liebe Kantorianer“, beginnt so mancher Chorbrief. Dies ist nicht eine weitere Personalisierung der „Kantorei“, weil „Kantor“ ja dem Chef vorbehalten ist. Die Anrede geht vielmehr auf den Film „Vaya con dios“ mit Daniel Brühl zurück:„Wir glauben, dass der Heilige Geist Klang ist und dass wir im Gesang bei Gott sind“, wird da der fiktive Orden der Kantorianer dort vorgestellt. Wie bei uns ist das Chorsingen der gemeinsame Mittelpunkt und das zentrale Bindeglied für die nicht nur in der Stimmlage höchst unterschiedlichen Ordensbrüder. Die Schlüsselszene des Films bestimmt der Choral „Wer nur den lieben Gott lässt walten“ gesetzt vom Organisten Tobias Gravenhorst. Mit ihrem Gesang gelingt es den beiden verbliebenen Mönchen nicht nur das Herz ihres dritten, abtrünnigen Ordensbruder zu rühren, sondern im Film auch das der Journalistin Chiara und im realen Leben von hunderttausenden von Menschen, die diese Szene auf youtube angeklickt haben. Mit den Werken alter und neuer Meister berühren und die Gedanken himmelwärts zu richten, das ist, was uns zu Kantorianern macht.
Ulrike Schuckert,
Sopran seit 2003
Kantoratsräumung - oder was sich über fünfzig Jahre so alles ansammelt
Unser Kantorat befindet sich im Bruderhaus, hinter den mit Lamellenvorhängen bestückten Bullaugen, ein Ort, den in Zeiten von Computer und Internet eigentlich nur Kantoratsleiter und Dirigent mal eben vor der Chorprobe betreten, um Noten und Anwesenheitslisten abzuholen oder zu lagern. Dementsprechend sah er auch aus, als Frau Dr. Bester um Räumung für die geplante Renovierung bat. Als wir im April 2018 damit starteten, fanden wir neben den mehr- oder weniger alphabetisch geordneten Noten, die aus urheberrechtlichen Gründen von allen Kopien befreit werden mussten, zahlreiche andere Fundstücke wie eine Zither und ein Glockenspiel in desolatem Zustand, eine Krawatte, ein Orgelmodellprospekt, zwei Flaschen alter Rotweins, kartonweise Liederbücher, aber auch viele Memorabilien aus 50 Jahren Kantorei der Karlshöhe und darüber hinaus, zu unseren Konzerten, Tonbänder, Schallplatten – ein Fundus, mit dem nun unsere Jubiläums-Website bestückt wird.
Nach vielen Stunden Arbeit von zahlreichen Helfern ist nun alles fertig. Aus dem ehemaligen Kantorat ist ein schmucker Büroraum der Karlshöhe mit einem Arbeitsplatz für die Kantorei geworden. Unsere katalogisierten und fein säuberlich etikettierten Noten sind in einen für uns hergerichteten Archivraum in den Turm der Kirche umgezogen. So beschreiten wir - entlastet vom Ballast eines halben Jahrhunderts- auch in dieser Hinsicht neue Wege.
Ulrike Schuckert,
Sopran seit 2003
Im Keller sitzt der harte Kern
Keller, Weinkeller, Schlosskeller, Brüderkeller: Ein Wort von magischer Anziehungskraft, wenn es heißt „nach der Probe, gegen 22 Uhr, treffen wir uns im Keller“. Wir sind hundemüde, vor allem an den Probenwochenenden, nach manchmal acht Stunden Gesang. Und doch machen wir uns auf die Suche nach besagtem Keller, an manchen Probenorten wie in Weikersheim ist er nicht ganz so leicht zu finden. Wir freuen uns auf ein Bier, ein Glas Wein, etwas Knabberzeug. Es ist zwar ganz schlecht für die Stimme, aber das ist uns zu später Stunde egal, jetzt zählt die Geselligkeit. In der Probe ist das Schwätzchen mit den Nachbarn untersagt, hier ist es erwünscht. Nun leider macht sich bald die Müdigkeit bemerkbar, nach und nach verschwinden die Mitsänger ins Bett. Nun der harte Kern bleibt unter sich. Es geht um Musik, um Gott und die Welt. Es ist einfach schön, dabei zu sein.
Catherine Moll,
Sopran 1992-2012, seitdem Alt
Kindermund
Viele Jahre war ich sehr gern als Zuhörerin bei den Auftritten der Kantorei der Karlshöhe. Dies änderte sich, als unsere Enkeltochter Antonia geboren wurde. Wenn Petra Konzerte im Stuttgarter Raum hatte, brachte sie die Kleine immer mit, sehr zur Freude der frischgebackenen Großeltern. Allerdings war es für mich mit den Konzertbesuchen erst einmal vorbei. Aber was ist einer Großmutter wichtiger als ihr (erstes) Enkelkind?
Trotzdem, die Aufführungen in denen Ehemann und Tochter mitwirkten, fehlten mir manchmal ein wenig. Deshalb die - geniale? - Idee, mit der Enkeltochter auf dem Schoß, eine Probe der Kantorei anzuhören. Allerdings hatte ich die Rechnung ohne die quirlige Antonia gemacht.
Wir waren kaum in der Kirche, da erklang schon gut vernehmbar „da singt meine Mama, da singt meine Mama.....“ durchs Kirchenschiff. Glücklicherweise lachten sowohl der Chorleiter, als auch die anderen Mitwirkenden über den unerschrockenen Auftritt der Kleinen. Ich habe es jedoch vorgezogen, mit ihr die Kirche umgehend wieder zu verlassen.
Sigrid Labitzke,
Konzertbesucherin
Im Klanghimmel
Fasziniert hat uns die Chorperformance als Abschluss intensiver Proben zu Schuberts Messe in As im Jahre 2019. Herbert Labitzke taucht plötzlich als stimmungsvoller Bass-Solist in der Klosterkirche Schöntal auf und intoniert den Dona-nobis-pacem-Kanon. Während er sich singend im Kirchenraum weiterbewegt, tauchen von hinten, von rechts und von links immer mehr Sängerinnen und Sänger auf und stimmen in den crescendierenden Klanghimmel ein, der sich durch das ganze Kirchenschiff bewegt. Das war entspannend, wohltuend, die Chorgemeinschaft stärkend.
Klaus Schmitt,
Bass seit 1996
Wo um Himmels Willen ist die Kirche der Karlshöhe?
Fast hätten wir die beiden Bachkantaten zum Jahrtausendwechsel ohne Kontrabass singen müssen. Ich hatte schon schwarze Klamotten an, war in Aufbruchstimmung. Da ereilte uns ein Anruf. Meine Schwägerin, aufgeregt: “Sag, du singst doch nachher?” - “Ja, wollt ihr kommen?” - Nein, ja, nein.
Sie haben in Schorndorf gerade schön gefeiert und geschmaust, da muss der Rüdi aufbrechen, er spiele jetzt noch ein Konzert. Er zieht einen Brief aus der Hosentasche wie zum Beweis, und traut seinen Augen nicht, Nicht in der Ludwigsburger Friedenskirche ist der Gig, sondern in der Kirche der Karlshöhe. Wo um Himmels Willen ist diese Kirche? Da steht keine Adresse, kein gar nichts. Muss man wohl wissen. Auch im Remstal. Wohlgemerkt, das war der Jahreswechsel 1999 auf 2000, als alle Welt befürchtete, dass das Internet auf immer im Orkus verschwindet. Von einem Handy keine Spur. Ein Smartphone gar, in dem man kurz die Adresse hätte ergoogeln können? Fehlanzeige. Dafür beschreibe ich dem jungen Musiker haarklein, wie er zu nächtlicher Stunde – nämlich jetzt – hinterm Salonwald – wo????? - die richtige Kirche für seinen Auftritt findet. Und siehe da: Rüdi kommt. Spät kommt er, aber er kommt.
Vor Mitternacht singen wir: “Gottlob! nun geht das Jahr zu Ende”, nach Mitternacht “Fallt mit Danken”, die vierte Kantate aus dem Weihnachtsoratorium. Ein Schmetterling ist aufgewacht und flattert von Notenblatt zu Notenblatt. Und Rüdis Blick schweift immer wieder in die Chorreihen: Wer ihm da wohl den Weg gewiesen hat? Die Musik verklingt. Applaus braust auf. Wir, mein Bester sitzt im Publikum, geben uns zu erkennen. Rüdi schleppt sein Instrument. “Wohin? Wie transportierst du das Ungetüm eigentlich?” Er führt uns zu einem bescheidenen Golf, öffnet die Heckklappe, die Rückbank ist umgeklappt. Der Musiker nimmt den Kontrabass, legt den Hals behutsam zwischen Fahrer- und Beifahrersitz: “Das passt. Gradso.”
Gertrud Schubert,
Sopran seit 1997
Klar lese ich Kritiken
Manche Sängerkollegen behaupten ja, dass sie keine Kritiken lesen. Ich hab’ dasnie geglaubt und auch nie behauptet. Klar lese ich Kritiken. Manchmal ist ja sogar was Nettes dabei! Aber ab und zu ist es schon hart, dieses Brot.
Ein Wochenende im Jahr 1998. Ich singe samstags eine Operngala im Ludwigsburger Forum, sonntags eine Bachkantate auf der Karlshöhe. Die Presse reagiert auf die Operngala: „Für große Opernarien ist Frau Labitzkes Stimme zu leicht, zu zart, ihr fehlt es an Durchschlagskraft.“ Die Presse reagiert auch auf die Bachkantate: „Der Sopran von Petra Labitzke wirkt für Bach etwas zu überdimensioniert, zu strahlend, zu opernhaft!“ Oh je, aber wie soll ich denn dann singen? Irgendwie dazwischen? Mit leichter Bach-Stimme oder mit großem Opern-Ton?
Aber glücklicherweise gibt es diesbezüglich immer wieder Lichtgestalten, die als Dirigenten in Erscheinung treten, und die einfach nur möchten, dass schön gesungen wird! Ohne Schubladen-Stimm-Fächer. Mit gesunder Gesangstechnik, musikalischem Gespür und natürlichem Timbre. Deshalb geht mein großer Dank an dieser Stelle an Tobias Horn, den sowas nie interessiert hat, und der mich im selben Jahr für Verdis Requiem und Bachs Matthäus-Passion verpflichtet hatte, für zwei Sopran-Partien, wie sie unterschiedlicher und anspruchsvoller kaum sein könnten! Eine Herausforderung, die ich gerne angenommen, und, so behaupte ich, gut gemeistert habe. Nicht zuletzt mit „meinem“ Chor im Rücken. Denn das macht schon was aus, wenn beim Verdi-Requiem das hohe b am Schluss kommt, vor dem Sopranistinnen seit 150 Jahren zittern, und man dann weiß und spürt, dass 80 Kantoreiler mit-atmen und mit-stützen!
Petra Labitzke,
Sopran 1984 -1991, und immer wieder unsere Solistin
Kunststück! Nastrovje sastrovje! Wohl bekomm’s!
Ein Glanzpunkt, neben vielen anderen, war zweifelsohne unsere Konzertreise auf die Krim nach Jewpatorija. Und da fällt mir eine lustige Begebenheit ein, die mich heute noch schmunzeln lässt. Nach einem Konzert wurden wir noch zum Abendessen eingeladen. Zu fortgeschrittener Stunde – es gab natürlich auch reichlich Wodka – posierten einige unserer Gastgeber mit folgendem Kunststück: Ein volles Schnapsglas wird auf den Handrücken gestellt, zum Mund geführt und ausgetrunken. Anschließend wirft man das Glas in die Luft und fängt es wieder auf. Ich dachte, das kann ich auch, stand auf und machte das Kunststück nach. Und es gelang!!! Ein großes Hallo ringsherum und erstaunte, anerkennende Blicke der Herren aus Jewpatorija. Nastorvje sastrovje! Prosit! klang es von allen Seiten.
Gerti Benner,
Sopran 1995 - 2020
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2018 Himmelwärts
Konzert im urbanharbour
2018 Freude
Konzert des Sinfonieorchesters Ludwigsburg
C wie Chor
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2018 Wisset ihr nicht ...
Musik vom Ludwigsburger Hof
2017 Israel in Egypt & Beben
Erstes Konzert der Kantorei unter der Leitung von Nikolai Ott
Verzweiflung, Vorverkauf, Vodka
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2015 Jauchzet, frohlocket, auf, preiset die Tage
Sechs Kantaten in sechs Gottestdiensten
2008 Weihnachtsoratorium der besonderen Art
Sechs Kantaten in sechs Gottestdiensten
... und es wächst weiter
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