Choralphabet

Französisches Bett
Auf Chorfahrt in Montbeliard. Hier waren vor allem die Nächte anstrengend.

Unruhige französische Nächte

Konzert in Ludwigsburgs Partnerstadt Montbeliard/Mömpelgard mit Übernachtungen bei Familien. Mit einem Basskollegen musste ich mir das nur 160 Zentimeter breite Bett mit einer Zudecke - halt typisch französisch - teilen. Auch wenn am Abend mit der Familie noch ein oder mehrere Gläser Wein verkostet wurden, so war danach für uns zwei gestandene Männer an richtiges Schlafen nicht zu denken. In dem schmalen „Ehebett“, einmal die Nähe von Nase an Nase, das ständige Auf und Ab beim Rumdrehen, und wer nachts wegen Kälte aufgewacht ist, um sich richtig zuzudecken, hat kräftig an der Decke gezogen, bis der Nebenliegende die Decke wieder zu sich rübergezogen hat. Und so weiter und so fort. Somit waren die Nächte kurz, und trotzdem war es ein neues Erlebnis.

Herbert Labitzke,
Bass 1983 - 2018

Flammkuchen
Wolfgang war nicht nur ein toller Tenor und Organisator der Konzertmöblierung mit Podesten, Notenpulten und Stühlen für die Musiker. Im Elsass kredenzte er den hungrigen Chormitgliedern laut singend Flammkuchen.

Flammkuchenessen, aber bitte ohne Käse

Chorwochenende im Elsass. Neben den Einzelproben und der Wanderung war ein kulinarischer Höhepunkt das Flammkuchenessen in einem typischen elsässer Lokal. Die dampfenden Flammku-chen wurden auf großen Schiebern an die Tische gebracht und jeder konnte essen, so viel er oder sie konnte (heutzutage “all you can eat“). Unser Wolfgang hat singend die Flammkuchen serviert. Und einer der stur sich weigerte mit Käse belegte Flammkuchen zu essen, musste sich an den Kinderti-sche setzen und dort seinen speziellen käsefreien Flammkuchen verspeisen. Und natürlich wurde dem französischen Wein kräftig zugesprochen. Der Heimweg zu später Stunde den ganzen Berg hoch war mühsam, und manchem hat der volle Magen und vielleicht ein Schluck zuviel die Nacht verkürzt.

Herbert Labitzke,
Bass 1983 -2018

Das Foto
Warum nur schauen sie alle so leidend und verzweifelt? Sie singen ein Liebeslied ... Foto: Claus Langer

Das Foto

Wie kann er nur! Wie kann der Fotograf Claus Langer so ein scheußliches Bild von den Frauen der Kantorei abliefern und dann auch noch prominent – also riesengroß – in der Bilddokumentation zum Musiktheater “Fürsten Bürger und Soldaten” abdrucken. Ein Aufschrei des Entsetzens ging durch die Sopran- und Altreihen, als das Heft ausgeteilt wurde. Eine schaut schrecklicher als die andere, gequält, verhärmt, manche ein bisschen wütend, andere biestig, erbost, verärgert. Eine guckt ganz betulich aus ihrem weißen Jungfernkleid. Was ist das nur für ein Foto! Bei näherer Betrachtung und längerem in sich Hineinhören – “Was haben wir da eigentlich gerade gesungen?” – fällt es den Betrachterinnen wie Schuppen von den Augen. Das Bild ist genial! Wir singen gerade Brahms’ tief ergreifendes Liebeslied “Da unten in Tale läufts Wasser so trüb” – von enttäuschter Liebe und verlorener Liebesmüh. Eine jede singt – und leidet. Daher der fürchterliche Gesichtsausdruck. Das war ganz große Oper!

Gertrud Schubert,
Sopran seit 1997

Fuge

Frei nach der “Fuge aus der Geographie”

Für das Chorwochenende in Obermarchtal hatte ich den Text der „Fuge aus der Geographie“ umgetextet und sie nach „harten“ Proben mit einem Kantorei-Quartett während des Wochenendes aufgeführt. Hier der komprimierte Text:

„Ludwigsburg, wer dort wohnt und nicht weiß, wie er die Zeit sich vertreiben soll, was wird der beginnen? Der geht zu Herrn Horn jeden Dienstag um Acht in den Chorus der Karlhöher Kantorei singen, da singen wir alte Musik mit Entzücken, die neueren Meister mit Bangen und Schrecken, doch Halt, zu laut, Akzent, nirgends atmen und nicht schleppen, zu hoch, zu tief, bitte leiser, mehr herausschauen und nicht schleppen. Bachkantaten, Mozartmessen, Mendelssohn- und Schütz-Motetten. Die älteren Stücke mit Jauchzen, Frohlocken und neuere Stücke mit Klatschen und Sprechen in Ludwigsburg.“

Herbert Labitzke,
Bass 1983 -2018

Kurz & Knapp

Dreckbollen an den Schuhen

Chorprobe mit Siegfried Bauer im November 1982, Karlshöhe, Kolleggebäude H3: Als junge Studentin singe ich zum ersten Mal beim Weihnachtsoratorium mit. Im Dritten Teil Nr. 26 kommt der Einsatz der Tenöre und Bässe: „Lasset uns nun gehen gen Bethlehem…“. Siegfried Bauer unterbricht sofort: „Ihr Männer, ihr kommt daher, als ob ihr Dreckbollen an den Schuhen hättet.“ Das sitzt. Bei jeder Aufführung des Weihnachtsoratoriums freue ich mich auf den leichtfüßigen Einsatz der Männer.

Beate Vogelgsang (geb. Kempter), Sopran, 1980 – 1983 und seit 2008

Erkennungsmerkmal

Immer mitnehmen! An ihm ist der Sänger, die Sängerin zu erkennen: Der Schal wird mindestens dreimal um den Hals gebunden, egal ob im Herbst, Winter oder Frühling. Er ist ja auch wirklich unentbehrlich in den oft wenig beheizten Kirchen.

Catherine Moll, Sopran 1992 – 2012, seitdem Alt

Singen weckt sämtliche Lebensgeister

Kantorei der Karlshöhe war für mich das Zauberwort über 25 Jahre hinweg. Ich konnte noch so müde sein – kaum war ich in der Chorprobe, kamen sämtliche Lebensgeister zurück und ich habe mit viel Freude und Herzblut gesungen. In all den Jahren habe ich drei Dirigenten erlebt, ein jeder genial in seiner Art, es gab unvergessliche Aufführungen und ich bin vielen wunderbaren Menschen begegnet.

Dankbar und beschenkt blicke ich auf diese Zeit zurück und wünsche der Kantorei der Karlshöhe mit ihrem Dirigenten Nikolai Ott, dass sie nach der Coronapause wieder mit Schwung beginnen kann. Ich freue mich schon auf die nächste Aufführung, die ich dann als Zuhörerin erleben und genießen darf.

Gerti Benner, Sopran 1995 - 2020

Wir Rampensäue

Das Lob dienstagabends nach den großen Konzerten ist obligatorisch, fällt in der Ära Tobias Horn in der Regel aber wenig überschwänglich aus. Bis auf ein Mal. Da lässt er die Sau raus. „Dein Chor“, so zitiert der Meister, kurz bevor er gleich wieder in die Tasten des Flügels haut, unseren heißgeliebten Tenor Andreas Weller, „dein Chor sind alles Rampensäue.“ Der Chef lacht glücklich. Und schaut in unzählbar viele entsetzte Gesichter. Rampensäue? Wir? Haben wir so entsetzlich gesungen? Das muss er erklären. Und wirklich, Horn übersetzt: Wenn es darauf ankommt, dann steht die Kantorei da wie eine Eins. Jeder einzelne von uns. Mehr Präsenz geht nicht. Mehr Lob auch nicht.

Gertrud Schubert, Sopran 1997

Große Aufregung

Die Matthäuspassion war mein erstes großes Werk mit der Karlshöher Kantorei. Ich werde nie die Aufregung und das Kribbeln vergessen, das diese Aufführung mit sich brachte.

Mirijam Bäßler, Sopran seit 2014

Hefezopf, mit und ohne Zibeben

In unserer bunten Chorgruppe gibt es einen gelernten Bäcker, der zu jeder Generalprobe für die Solisten und Instrumentalisten zwei mächtige Hefezöpfe kredenzt. Und weil Hermann Emmerling weiß, dass sich an den Rosinen die Geister scheiden, ist immer ein Zopf mit, der andere ohne Zibeben. So schmeckt er allen.

Christa Fröhlich, Sopran seit 2009

Singen macht glücklich und frei

Gemeinsame Proben, Konzerte eröffnen für mich immer wieder eine Dimension der Tiefe, Gelassenheit, Verbundenheit und Zuversicht. Singen mit der Kantorei macht glücklich und frei.

Elfie Peter-Lehmann, Sopran seit 2007

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